Kultur & Geschichte

Traditionen und Bräuche in Kanada

Benimmregeln und Gepflogenheiten
Pinterest LinkedIn Tumblr

In Kanada werden zahlreiche unterschiedliche Traditionen und Bräuche gepflegt, die sich in erster Linie aus den verschiedenen Herkunftsländern der zahlreichen Einwanderer ergeben.

Die ersten Bewohner Kanadas waren First Nation und Inuit, deren Anteil heute noch etwa zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen. Später kamen Einwanderer aus verschiedensten europäischen Ländern sowie aus einigen asiatischen Staaten hinzu.

Die größten Unterschiede bei den Traditionen und Bräuchen ergeben sich zwischen dem französischen Sprachraum im Osten des Landes und dem größeren englischen Sprachraum.

Horsethief Canyon, Alberta. Foto Sean Thonson/Travel Alberta
Horsethief Canyon, Alberta. Foto Sean Thonson/Travel Alberta

Gerade die vielen Gegensätze innerhalb des Landes haben aber auch zu einer großen Vielfalt und Toleranz bei einem Großteil der Kanadier geführt.

So versammeln sich unter anderem die First Nations der verschiedensten Gemeinden in jedem Sommer zu großen ausgelassenen Festen.

Bei diesen „Pow-wows“ werden mit bunten Gesangs- und Tanzwettbewerben die Traditionen der Ureinwohner weitergeführt. Dabei sind auch jederzeit fremde Besucher herzlich willkommen.

Feiertage in Kanada

Menschenmassen beim Canada Day in Ottawa, Ontario. Foto Canadian Tourism Commission
Menschenmassen beim Canada Day in Ottawa, Ontario. Foto Canadian Tourism Commission

So vielfältig wie die verschiedenen Kulturen werden in Kanada auch die Feiertage gefeiert. Und auch bei den Feiertagen unterscheiden sich die Traditionen und Bräuche. So unterscheiden sich unter anderem die Weihnachtsbräuche in den verschiedenen kanadischen Provinzen.

Während im Norden des Landes bei den Inuit an den Weihnachtstagen das große Winterfest „Sinck Tuck“ mit Tanz und Gesang gefeiert wird und Geschenke verteilt werden, gehört es zum Beispiel in Labrador in der Provinz Neufundland zur Tradition, Rüben an Kinder zu verschenken.

Diese höhlen die Rüben aus, stecken eine Kerze hinein und zünden diese an. Die kanadische Atlantikküste, die im Laufe der Historie von den Schotten besiedelt wurde, ist dagegen stark von den britischen Weihnachtstraditionen geprägt.

So werden am Weihnachtsmorgen vor allem englische Weihnachtslieder gesungen. In fast allen kanadischen Haushalten, die in der Weihnachtszeit aufwendig mit zahlreichen Lichterketten und Weihnachtsfiguren geschmückt werden, kommt am Weihnachtstag ein großes traditionelles Weihnachtsessen mit Truthahn und einer süßen Nachspeise auf den Tisch.

Außerdem darf der traditionelle Mistelzweig über den Türrahmen nicht fehlen. Weitere wichtige Feiertage in Kanada sind der „Victoria Day“ im Mai anlässlich des Geburtstages der britischen Königin, der jeweils am Montag vor dem 25. Mai gilt in ganz Kanada als gesetzlicher und arbeitsfreier Feiertag zu Ehren der britischen Königin Victoria (24. Mai 1819) gefeiert wird.

Weitere wichtige Feiertage in Kanada sind unter anderem:

  • der Canada Day, der kanadische Nationalfeiertag am 1. Juli
  • das Erntedankfest (Thanksgiving) am zweiten Montag im Oktober
  • der Tag der Arbeit (Labour Day) Anfang September
  • der Gedenktag der Kriegsopfer (Remembrance Day) am 11. November
Feierliche Stimmung über dem Ottawa River, Ottawa, Ontario – Foto Canadian Tourism Commission
Feierliche Stimmung über dem Ottawa River, Ottawa, Ontario – Foto Canadian Tourism Commission

Drängeln verboten

Trotz der überwiegend lockeren Umgangsformen wird in Kanada traditionell auch sehr viel Wert auf Pünktlichkeit und vor allem auf Höflichkeit gelegt. Auch dies gehört zu den gelebten Traditionen und Bräuchen im Land.

Tatsächlich drängeln und schimpfen die Kanadier, der sich vor allem auch durch Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit auszeichnet, nur selten. Jeder wartet meist ganz geduldig, bis er an der Reihe ist.

Bei Besuchen in Restaurants sucht man sich den Sitzplatz nicht selbst aus, sondern wartet, bis man von der jeweiligen Bedienung an den Platz geführt wird.

Sollten die bestellten Speisen nicht aufgegessen werden, ist es selbst in teuren Edel-Restaurants üblich, sich die Reste einpacken zu lassen und diese mitzunehmen. Zudem gilt das Naseputzen am Tisch in Kanada als äußerst unhöflich.

Bei der Begrüßung gibt es innerhalb Kanadas Unterschiede. Während im englischsprachigen Teil der Handschlag normal ist, neigt man im französischen Teil überwiegend zur Begrüßung mit Umarmung und Küsschen.

Rauchverbot und „verbotene Themen“

In öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln ist das Rauchen strikt verboten. In öffentlichen Gesprächen sollte man es dringend vermeiden, die Kanadier mit den US-Amerikanern zu vergleichen und heikle, politische Themen anzuschneiden.

Zu diesen „verbotenen Themen“ gehören unter anderem die Ureinwohner oder die äußerst brisante Umweltpolitik. Bei Einladungen zu Festen sollte man es nicht versäumen, dem Gastgeber ein kleines Geschenk als Dankeschön für die Einladung mitzubringen.

Während des Essens sind Gespräche über geschäftliche Themen tabu.

Traditionen und Bräuche – Die Kleidung

Beim Arbeiten – Casual

An den meisten Arbeitsstellen wird selten ein kompletter Anzug mit Krawatte für die Herren oder sehr gediegene Kleidung für die Damen nötig. Sauber, gepflegt, „Golf-Etiquette“ ist immer richtig, leger & elegant ist gut.

„Kleider machen Leute“ ist nicht immer ganz richtig in Kanada und man muss sich als Neuling in das jeweilige Arbeitsklima „einfühlen.“ Bequemlichkeit und ein angenehmes Gegenüber ist wichtiger und viel effektiver als durch überaus vornehme Kleidung und Auftreten Eindruck machen zu wollen. Das kann oft genau das Gegenteil hervorrufen.

Legere Kleidung ist angesagt im Traumland Kanada. Foto stevanovicigor/Deposit
Legere Kleidung ist angesagt im Traumland Kanada. Foto stevanovicigor/Deposit

Sehr auffällige Kleidung wird normalerweise nicht gewünscht. Im Sommer sind gute Dress-Shorts ohne weiteres in Ordnung, sowohl für Männer als auch für Frauen. Da alle Büros und Diensträume Klimaanlagen haben, können diese oft im Sommer sehr kühl sein.

Eine extra leichte Jacke im Büro ist immer nützlich. Im Winter stellen/legen viele die Stiefel ab (oft in einem getrennten Raum, um die Teppiche zu schonen und die Räume sauber zu erhalten) und haben extra bequeme Schuhe im Büro zur Hand.

Das gleiche gilt für viele Schulen, wo es oft, besonders im Winter, gefordert wird, dass die Schüler die Stiefel/Schuhe an der Haupttür abstellen und „Innenschuhe“ zur Verfügung haben. Ganz besonders ist dies in Turnhallen und Sportstudios der Fall, sehr oft aber auch in Arztpraxen.

Sollte, durch ein Versehen, Schlamm oder Nässe in das Gebäude gebracht werden, wird es hoch angesehen bzw. erwartet wenn man sich nach einem Aufwischlappen erkundigt, bzw. Papiertücher, und die Verschmutzung selbst säubert oder wenigstens versucht, Reinigungspersonal zu finden und es auf die Verschmutzung hinzuweisen.

Im privaten Bereich – Leger

In den meisten Haushälten ist es ein Gebot, gleich beim Eingang (oder oft vor der Haustür schon) die Schuhe auszuziehen. Das sollte automatisch passieren. Nur in ganz seltenen Fällen wird der Hauseigentümer angeben, dass der Gast die Schuhe anlassen kann und nur dann sollte man mit Schuhen das Haus weiter betreten.

Auch ist es Gang und Gebe, beim Servieren, Abwaschen, Aufräumen zu helfen, bis alles nach dem Abendessen oder Feiern wieder an Ort und Stelle ist. Es ist normal bei einer Einladung zu fragen, was man mitbringen soll, Wein, Salat, Nachtisch oder …?

In vielen Fällen wird der Gastgeber dann angeben, was noch gebraucht wird. Selbst wenn der Gastgeber „Nein“ sagt, sollte man wenigstens eine Flasche Wein, Kekse, Chips oder etwas „Nützliches für alle“ mitbringen.

Traditionen und Bräuche – Verhalten als Gast

Potluck

Lecker essen, wie hier beim Culinary Institute of Canada Lobster Party, Charlottetown,Prince Edward Island. Foto Stephen Harris/Tourism PEI
Lecker essen, wie hier beim Culinary Institute of Canada Lobster Party, Charlottetown,Prince Edward Island. Foto Stephen Harris/Tourism PEI

Sehr oft wird eine Einladung zum Potluck ausgesprochen. Das bedeutet, dass jeder Gast eine Speise mitbringt. In vielen Fällen, besonders Firmen, wird dann eine Menüliste aufgestellt und jeder Teilnehmer trägt sich für eine bestimmte Speise ein, damit man nicht zu viel von einem Gericht und gar nichts von einem anderen hat.

Diese „Potlucks“ sind sehr beliebt und werden sehr oft veranstaltet. So hat der Gastgeber kaum Arbeit, die Speisen sind interessant und vielfältig und das Aufräumen später ist ganz einfach, da jeder seinen „Pot“ wieder mitnimmt, gewaschen oder ungewaschen.

In sehr vielen Fällen nimmt man dann auch seine eigenen Teller/Tasse/Becher und Bestecke mit, auch wieder um 1. die Umwelt vor Papier/Plastikdingen zu schonen und 2. dem Gastgeber Arbeit und Aufwand zu ersparen.

Die kanadische Frucht, die Cranberry bei der Ernte. Johnston’s Cranberry Marsh, Muskoka, Ontario. Foto Canadian Tourism Commission
Die kanadische Frucht, die Cranberry bei der Ernte. Johnston’s Cranberry Marsh, Muskoka, Ontario. Foto Canadian Tourism Commission

Alkohol

Sehr oft gilt BYOB (Bring Your Own Booze), d.h. jeder bringt sein eigenes alkoholisches Getränk mit, was auch wieder Kosten erspart und dem Geschmack jedes Teilnehmers mehr entspricht.

Recycling

Besonders Getränkeflaschen und -behälter sollten auf jeden Fall in einen getrennten Sack oder Container kommen und sollte der Gast das nicht gleich offensichtlich sehen, bitte fragen bzw. die Initiative ergreifen!

Das gilt auch für Arbeitsbereiche. Initiative ist immer willkommen, sofern sie nicht „bossy“ oder autoritär ist. Im Großen und Ganzen geht es immer darum das Team zu fördern und darauf zu achten, dass sich jeder als Individuum gut fühlt.

Author

Tobias Barth ist Gründer von Faszination-Kanada.com, der grössten deutschsprachigen Online-Plattform zum Thema Kanada. Seit 1997 bereiste der geborene Weltenbummler viele Male Kanada, erkundete nahezu alle sehenswerten Ecken des Traumlandes und wanderte 2016 in den hohen Norden, in den Yukon aus. Tobias ist zudem als Reiseleiter, professioneller Foto- und Videograph und Unternehmer aktiv und leitet seit 2019 das Reiseunternehmen EPIC NORTH Tour Experiences, das Kleingruppenreisen im Yukon, nach Alaska und in die Northwest Territories anbietet.

Comments are closed.