Natur

Von Neufundland über Guben ins Royal Ontario Museum

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Das Museum in Toronto präsentiert weltweit einmalig ein plastiniertes Blauwalherz
Für Wissenschaftler war es eine Tragödie, als im Jahr 2014 acht Blauwale vor der Küste Neufundlands den Tod im Eis fanden. Zwei der größten Säugetiere der Welt strandeten vor den Städten Rocky Harbour and Trout River. So bot der Tod der Tiere eine Chance, mehr über die immer noch geheimnisvollen großen Wale zu erfahren. Und ein Blauwalherz so zu präparieren, dass es im ROM, dem Royal Ontario Museum einem großen Publikum dauerhaft präsentiert werden kann. Und hier kam dann die in der brandenburgischen Niederlausitz liegende Stadt Guben ins Spiel.

Von Neufundland über Guben ins Royal Ontario Museum
Von Januar bis März 2017 wurde das noch weiche, plastinierte Herz in Position gebracht, so dass es lebensecht präsentiert werden kann.           Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
Als die mächtigen Meeressäuger im Mai 2014 in der Nähe der beiden in der kanadischen Provinz Neufundland und Labrador liegenden Städte Rocky Harbour und Trout River strandeten, war es für die Wissenschaft eine Tragödie, denn insgesamt acht der imposanten Tiere verloren ihr Leben. Auf nur noch 200 bis 400 Tiere wird die Population der Blauwale vor der kanadischen Atlantikküste geschätzt. Aber die beiden gestrandeten Tiere boten den Wissenschaftler auch einen Einblick in das immer noch geheimnisvolle Leben der größten Säugetiere der Erde.
Ein Team des Royal Ontarion Museum (ROM) nutzte die Gelegenheit und reiste nach Neufundland, um die Tiere unter die Lupe zu nehmen. Schnell kam die Idee auf, Organe, insbesondere das Herz zu erhalten. Aber wie? Aus dem Herz ein Plastinat herstellen? Da mussten alle, die es könnten passen.
Dann jedoch kam nach einer Empfehlung eines US-amerikanischen Plastinators Guben, in der brandenburgischen Niederlausitz gelegen, ins Spiel. Hier hat die Gubener Plastinate GmbH ihren Sitz. Das von Gunther von Hagens gegründete und heute von seinem Sohn Rurik von Hagens geleitete und geführte Institut nahm die Herausforderung an und ließ sich das rund 200 Kilogramm schwere Herz, das einem rund 30 Jahre alten, etwa 24 Meter langen und 90 Tonnen schweren Blauwal-Weibchen entnommen wurde, nach Guben anliefern.
Von Neufundland über Guben ins Royal Ontario Museum
Ein imposanter Anblick auch für das Team der Gubener Plastinate GmbH, das Blauwalherz aus Neufundland. Foto: © Enrico Werner/GubenerPlastinate GmbH.
Viele Kilo Blut, Wasser und Fett wurden durch Silikon ersetzt
Das war Ende November 2015. In mehr als eineinhalb Jahren harter Arbeit hat das Team der Gubener Plastinate GmbH aus einem Fleischberg, der lange Zeit im Walkadaver war und dessen Verwesung zunächst mit Formalin und Einfrieren gestoppt wurde, wieder ein Organ in seinen originalen Strukturen erschaffen und so weltweit einzigartig, erhalten.
“Man wusste, dass ein Herz des Blauwals sehr groß ist, aber dann war es doch kleiner als erwartet”, sagen Mark Engstrom und Jacqui Miller vom ROM. Beide Wissenschaftler waren sowohl in Neufundland bei der Entnahme des Organs als auch in Guben beim Plastinations- und Präparationsvorgang eingebunden. Aber auch wenn es wissenschaftlich “kleiner als gedacht” eingeordnet wird, hat das Herz riesige Ausmaße. Gut 1,70 m hoch, eine Aorta in den Abmessungen eines Abflussrohres, das nunmehr fertige Plastinat ist beeindruckend. “So ein Walherz ist ein kleines Kraftwerk, mit jedem Herzschlag werden ungefähr 115 Liter Blut in die Herzkammer gepumpt”, erklärt Jacqui Miller vom ROM, soviel wie in eine Badewanne passt.
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Das Abenteuer Blauwalherz beginnt. Im Bild 2.v.l Dr. Vladimir Chereminskiy, Director of Plastination & Anatomy der GuPla und Leiter des Plastinationsprojektes Blauwalherz.               Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
Während eines Besuches im Januar diesen Jahres von Jacqui Miller und Mark Engstrom wurde gemeinsam mit Rurik von Hagens, Sohn des Institutsgründers Gunther von Hagens und Geschäftsführer der Gubener Plastinate GmbH und Dr. Chereminskiy Details besprochen und entschieden ob und wo ein sogenanntes Fenster in den Herzmuskel geschnitten wird. Dies, um dem Museumsbesucher einen tiefen Einblick in das Blauwalherz zu gewähren. “Dieser Auftrag war etwas ganz besonderes, bei einem derart großen Objekt kommen immer neue Herausforderungen auf das Team zu.“
Mehr als 20 Mitarbeiter waren bis Mitte Mai in den Entstehungsprozess eingebunden. Dadurch dass das Herz dem toten Tier erst viele Tage nach dessen Tod entnommen werden konnte und auch zur Sicherung eingefroren war, war die Präparation und korrekte Positionierung der anatomischen Strukturen eine besondere Aufgabe. Aber das Gubener Team hat ganze Arbeit geleistet. Nach dem Aushärten des Herzes zeigen sich nun die Strukturen des Muskels und der Gefäße. Ein tolles, weltweit einzigartiges Anschauungsobjekt ist entstanden. Mittlerweile ist das Blauwalherz in Toronto eingetroffen. Die Mitarbeiter des ROM bereiten nun alles für eine dauerhafte Präsentation der großen Organs im Rahmen einer großen Blauwal-Ausstellung vor. In den kommenden Wochen ist es dann soweit, dann wird in Toronto ein beeindruckendes Werk der Gubener Plastinate GmbH zu sehen sein, mitten im Herzen der Hauptstadt der Provinz Ontario und größten Stadt Kanadas.
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Feinarbeit an den Gefäßen des Blauwalherzes. Zu sehen ist auch die an ein Abflussrohr erinnernde riesige Aorta. Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Großes und schweres Gerät unterstützte das Team der GuPla bei ihrer Arbeit.                           Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Die Besucher aus Toronto lassen sich den Fortschritt bei der Präparation des Blauwalherzes zeigen. V.l. Rurik von Hagens, Dr. Gunther von Hagens und Dr. Chereminskiy.                           Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Mark Engstrom vom Royal Ontario Museum schneidet ein „Fenster“ in das Blauwalherz.         Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Das fertige Präparat bietet einen beeindruckenden Einblick in das Herz des größten Säugetieres der Erde. Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Ein Projekt – ein Team. In einem wahren Kraftakt haben es Teamleiter und Mitarbeiter geschafft, das Blauwalherz kann die Reise nach Kanada antreten.                                                       Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
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Das Blauwalherz ist in Toronto angekommen. Foto: © Royal Ontario Museum Toronto
Wir danken für die freundliche Unterstützung durch die Gubener Plastinate GmbH, die uns das Bildmaterial zur Verfügung gestellt hat und uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist. Ein besonderer Dank gilt Anja Woitke vom Gubener Plastinate Team.
Weitere Informationen:
Die Gubener Plastinate GmbH, das Plastinarium und Gunther von Hagens
Gunther von Hagens, 1945 in Alt-Skalden bei Posen im heutigen Polen geboren ist Mediziner und Anatom, ein Grenzgänger, der spätestens mit der im Ausland gefeierten und in Deutschland kontrovers diskutierten Präsentation der KÖRPERWELTEN einem breiten Publikum bekannt wurde. Von Hagens hat die von ihm entwickelte und patentierte Plastination von Organen, ja ganzer Menschen verfeinert und damit sowohl der Medizin als auch der Wissenschaft und Forschung einen neuen Zugang zu Muskeln, Gefäßen und Knochen gegeben. Nie zuvor konnten sich Menschen mit dem Körper, aber auch dem Tod so intensiv auseinander setzen. Damit hatte Gunther von Hagens etwas erschaffen, dass weit über sein Leben hinaus Bestand haben wird. Leider ist der bekannte Anatom seit einigen Jahren erkrankt und nur noch selten in der Öffentlichkeit präsent.
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Der Erfinder der Plastination, Gründer der Gubener Plastinate GmbH und sympathische Grenzgänger Gunther von Hagens. Foto: © Enrico Werner/Gubener Plastinate GmbH
Die Gubener Plastinate GmbH, heute von Gunther von Hagens‘ Sohn Rurik geführt und geleitet, stellt Plastinate für Wissenschaft und Forschung, die Ausbildung zukünftiger Mediziner, aber auch für die eigene Ausstellung im PLASTINARIUM und die KÖRPERWELTEN her. Neben den KÖRPERWELTEN, die dem Laien Zugang zur Anatomie verschaffen, indem sie den Menschen ineinzigartiger Weise präsentieren, gibt es mittlerweile auch die „KÖRPERWELTEN der Tiere“.
Das Plastinarium ist über folgenden Kontakt erreichbar: PLASTINARIUM, Uferstraße 26, 03172 Guben, Telefon: 03561-54 74 382, Fax: 03561-54 74 121, E-Mail: info(at)plastinarium.de. Weitere, vertiefende Informationen gibt es hier.
Mehr Informationen zu den KÖRPERWELTEN finden Sie unter www.koerperwelten.de
Zu den Lehrplastinaten der Gubener Plastinate GmbH unter der Marke von Hagens Plastination finden Sie hier weitere Informationen.

Author

Alfred Pradel (apr), arbeitet seit vielen Jahren als Freier Journalist für Tageszeitungen, Magazine und andere Publikationen. Seit vielen Jahren ist der Kanada eng und freundschaftlich durch viele persönliche Kontakte verbunden. Alfred Pradel ist Chefredakteur und betrachtet auf Faszination Kanada den Tourismus, den Lifestyle im zweitgrößten Land der Erde, aber auch wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Themen.

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